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Kraftvoll setzt sich Nationalspielerin Toni Reinemann gegen die Konkurrenz durch. ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg Kraftvoll setzt sich Nationalspielerin Toni Reinemann gegen die Konkurrenz durch. ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg

Spitzensport beim VfL Oldenburg

07. August 2024

Mit dem Handball auf Du und Du

Oldenburg ist eine Handballhochburg. Seit 1999 spielen die Frauen des VfL ohne Unterbrechung in der Bundesliga. 

Volle Hütte garantiert: Bundesliga-Handball ist in Oldenburg schon lange ein Zuschauermagnet.  ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg
Volle Hütte garantiert: Bundesliga-Handball ist in Oldenburg schon lange ein Zuschauermagnet. ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg

Für Spitzensport in Oldenburg stehen neben den EWE Baskets die Handballspielerinnen des VfL. In der Bundesliga ist das Team seit Jahrzehnten etabliert. Mit Toni Reinemann und Madita Kohorst zeigen zwei Akteurinnen, wie unterschiedlich Karrierewege verlaufen können.  

Die eine wirft im Angriff Tor um Tor, die andere verhindert, dass genau das auch den gegnerischen Mannschaften gelingt. Die eine bekam den Handball mehr oder weniger schon in die Wiege gelegt: „Mama und Papa haben auch gespielt, ich habe mit sechs Jahren angefangen.“ Die andere wurde von einer Freundin zum Training mitgenommen, „da war ich elf und hatte schon mehrere Sportarten ausprobiert“. Beide, Toni Reinemann und Madita Kohorst, sind heute Leistungsträgerinnen im Handball-Bundesligateam des VfL Oldenburg.  

Handballpartys in der Arena am Hauptbahnhof

Hallenhandball hat in Oldenburg eine lange Tradition. Bereits 1980 war eine Mannschaft des VfL erstmals in die Frauen-Bundesliga aufgestiegen, seit 1999 ist man ohne Unterbrechung in der höchsten deutschen Spielklasse vertreten. Großes leistete der Verein mehrfach im Pokal des Deutschen Handballbundes: Insgesamt acht Mal stand ein VfL-Team im Finale, die Hälfte der Endspiele wurde erfolgreich bestritten. Zuletzt belegten Reinemann, Kohorst und Co. den dritten Platz. Auf der Visitenkarte steht zudem ein Titelgewinn im europäischen „Challenge Cup“ (2008).  

„Diese Erfolge sind großartig“, sagt Marvin Wittern, Marketingleiter beim VfL. „Mindestens genauso wichtig ist, dass es uns durch unsere nahbaren und sympathischen, zugleich sportlich ambitionierten Spielerinnen gelungen ist, den Handballsport fest in der Stadt Oldenburg zu verankern.“ Das zeigt sich insbesondere bei den Bundesliga-Heimspielen: Mehr als 1.600 Fans kamen in der Saison 2023/24 im Durchschnitt in die Arena am Hauptbahnhof und feierten eine Handballparty. Seit Jahren erreicht kein anderer Verein auch nur annähernd die Oldenburger Zahlen.

Der Mannschaft tut der Zuspruch gut. „Es versetzt uns immer wieder einen Push, wenn wir merken, wie sehr die Leute hinter uns stehen und uns anfeuern“, bestätigt Toni Reinemann. Der Effekt auf die Gäste-Teams ist eher gegenteiliger Natur. Zuhause spielen sie zumeist nur vor wenigen Hundert Fans. „Solch große und auch solch laute Kulissen sind sie häufig nicht gewohnt und verkrampfen dann.“ 

Toni Reinemann spielt seit der B-Jugend beim VfL. Inzwischen zählt sie zu den besten Torschützinnen der Bundesliga.  ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg
Toni Reinemann spielt seit der B-Jugend beim VfL. Inzwischen zählt sie zu den besten Torschützinnen der Bundesliga. ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg

Ehrgeizig, aber trotzdem entspannt

Torfrau Madita Kohorst stammt aus Dinklage im Landkreis Vechta. Als A-Jugendliche wechselte sie 2013 nach Oldenburg, drei Jahre später schaffte sie den Sprung in den Bundesligakader. Um auch international und unter Profibedingungen spielen zu können, ging sie 2018 zum Ligakonkurrenten TuS Metzingen. Weitere drei Jahre später folgte der Wechsel zu Borussia Dortmund. Im Sommer 2023 kehrte sie schließlich nach Oldenburg zurück. „Nach Hause“, wie sie betont.

Rückraumspielerin Toni Reinemann kam als B-Jugendliche aus der Region Braunschweig zum VfL und unterschrieb im Herbst 2019 ihren ersten Profivertrag. Anfangs war sie auch noch im Beachhandball aktiv, äußerst erfolgreich sogar. „Das lasse ich jetzt aber sein“, sagt sie schmunzelnd. Die Frage, ob sie ehrgeizig sei, lässt die 23-Jährige für einen Moment stocken. Sie ist eine der treffsichersten Torschützinnen der Bundesliga und gehört zum erweiterten Kreis der deutschen Nationalmannschaft. „Ja, natürlich bin ich ehrgeizig“, kommt als Antwort. Übertreiben wolle sie es aber nicht: „Ich bleibe entspannt. Es kann ja auch schnell vorbei sein mit dem Sport.“

Bei Teamkollegin Madita Kohorst wäre es beinahe schon so weit gewesen. Die Torfrau hat bereits zwei Kreuzbandrisse hinter sich, eine der schlimmsten Verletzungen für Leistungssportlerinnen. „Für viele bedeutet sie das Karriereende“, weiß die inzwischen 27-Jährige. Das war für sie indes keine Option. Sie biss beide Male auf die Zähne, absolvierte die quälenden Reha-Monate und fand den Weg zurück zwischen die Pfosten. Heute zählt sie wieder zu den besten Torhüterinnen Deutschlands. Einen Plan B gibt es dennoch: Madita studiert Deutsch und Biologie auf Lehramt, Toni Architektur.

Professionalisierung und Persönlichkeit

Was schätzen die Spielerinnen am Standort Oldenburg? Einiges, beide sind voll des Lobes. So freut sich Madita Kohorst, dass „der VfL den Fokus sehr stark auf die individuelle Entwicklung einer jeden einzelnen Akteurin legt“. Spielerinnen „können sich hier wirklich verbessern“, fügt sie an. Daneben habe sie – gerade durch den Vergleich mit ihren Stationen in Metzingen und Dortmund – feststellen können, wie sehr sich alles professionalisiert habe. „In dieser Hinsicht hat Oldenburg einen großen Sprung getan, der sich schon jetzt auszahlt – und in den kommenden Jahren sicher noch mehr.“ 

Stets hochkonzentriert erwartet Torhüterin Madita Kohorst die gegnerischen Würfe. ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg
Stets hochkonzentriert erwartet Torhüterin Madita Kohorst die gegnerischen Würfe. ©Thorsten Helmerichs | VfL Oldenburg

Professionalisierung also. Aber das ist es nicht allein, ergänzt Toni Reinemann. Oldenburg sei darüber hinaus schon lange bekannt für sein persönliches, fast familiäres Umfeld und eine besondere Atmosphäre – nicht nur bei den Spielen in der Halle. „Ich fühle mich hier nicht nur als Sportlerin wertgeschätzt, sondern auch als Mensch.“ Das sei, so hat sie des öfteren von Spielerinnen anderer Vereine erfahren, leider nicht überall so. Wer dort auf dem Parkett nicht wie erwartet funktioniere, werde schnell aussortiert.

Sie selbst habe schon als Jugendliche in der Niedersachsenauswahl Kontakte zu Spielerinnen aus Oldenburg geknüpft und nur Gutes gehört. „Als ich dann hier war, habe ich schnell gemerkt, zwar in einer neuen Stadt zu sein, mich aber nicht verbiegen zu müssen. Vielmehr kann ich auf einem hohen Niveau einfach Handball spielen und trotzdem ich selbst bleiben.“ Das habe sich in vielerlei Hinsicht positiv bemerkbar gemacht. Und es zeigt den Weg, wie sich Persönlichkeiten entwickeln können. Auf und außerhalb der Handballarena.