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© Tierheim Oldenburg

Ein Herz für Tiere

22. Juli 2024

Zwölf gelernte Tierpfleger:innen, vier Auszubildende, zwei Bürokräfte und unzählige Ehrenamtliche setzen sich im Tierheim am Küstenkanal für den Tierschutz ein. Eine gehörige Portion Herzblut, Humor, Teamgeist und Zusammenhalt prägen hier den Alltag.  

Mittwoch, 10 Uhr, im Tierheim Oldenburg. Die „Gassigeher“ – Ehrenamtliche, die zweimal in der Woche mit den Hunden spazieren gehen – warten vor der Tür auf die ihnen zugeteilten Hunde. Wie jedes Mal freuen sich die Vierbeiner, wenn sie für bis zu drei Stunden hinaus dürfen. Nur Hündin Mila braucht noch ihr Geschirr mit Maulkorb. Aufgeregt wedelt sie mit der Rute, während Tierpflegerin Sarah Kleinke sie „anzieht“. 

Sarah Kleinke Tierheim Oldenburg
 Sarah Kleinke © Tierheim Oldenburg

Der Weg in ein neues Hundeleben

Natürlich kann nicht jeder Hund Gassi gehen. Manche müssen vorher noch einiges lernen. Teddy beispielsweise ist noch nicht so weit. Der wuschelige weiße Terrier kommt aus schlechten Verhältnissen und wird leicht reizüberflutet. „Das kann gefährlich werden“, weiß Kleinke. Deshalb findet parallel zum Gassigehen auch immer individuelle Arbeit mit einem Trainer statt. Zusätzlich dazu gibt es die „Trümmertruppe“, in der verhaltensauffällige Hunde trainiert werden, um sie auf ein Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. „Dann nehmen wir sie mit in die Innenstadt, zum Bahnhof oder gewöhnen sie anderweitig an den Umgang mit Menschen und anderen Hunden“, berichtet Kleinke. So bringt man den Tieren bei, wie es ist, eine Familie und einen Alltag zu haben, sei es beim Filmabend, im Zug – oder eben einfach auf Spaziergängen. Auch Teddys Boxennachbar Strange darf noch nicht Gassi gehen. Er liegt auf einer weichen Decke und trägt einen Mantel. Der Grund: Er ist zu dünn und friert schnell.  

Zwischen Putzmittel und Tierarztbesuch

Im Katzenhaus geht es derweil hoch her. Über 80 sind hier zuhause. In der Kittensaison, in der viele Babykatzen geboren werden, sind es noch mehr. „Im letzten Sommer waren es besonders viele“, berichtet Katzenpflegerin Rieke Pirscher. So wie bei allen Tieren des Tierheims gibt es auch bei den Katzen verschiedene Gründe für eine Aufnahme: Fund, Beschlagnahmung, Notunterbringung. Wenn eine:n Haustierbesitzer:in ein Schicksalsschlag wie ein Unfall und längerer Krankenhausaufenthalt trifft, nimmt das Tierheim sich dem Schützling an und versorgt ihn übergangsweise. 

Rieke Pirscher © Tierheim Oldenburg

Pirscher bereitet gerade in der Küche das Futter und die Medikamente für ihre Schützlinge vor. Natürlich gehören auch die Reinigung der Katzenzimmer und ein täglicher Gesundheitscheck der Tiere dazu. Darüber hinaus geht es jeden Dienstag zum Tierarzt für Ein- und Ausgangsuntersuchungen, Impfungen, Kastrationen „oder was sonst so ansteht“, sagt die Tierpflegerin lachend. Dafür arbeitet das Tierheim mit einer Praxis in Hude zusammen.  

Im Katzenhaus gibt es sechs Zimmer für die Vierbeiner. In der sogenannten „Arche“ leben die Katzen, die eher Einzelgänger sind. Einer von ihnen ist Focko. Der stolze, rot getigerte Kater kommt sofort ans Gitter und möchte gestreichelt werden, aber mit Artgenossen versteht er sich gar nicht.  

Von Chinchilla bis Zauneidechse  

Anders sieht es bei den Kleintieren aus. Die meisten sind Paar- oder Gruppentiere. „Kaninchen und Meerschweinchen dürfen nie allein gehalten werden“, weiß Kleintierpfleger Simon Bruland. Er mistet gerade die Boxen im Kleintierhaus aus. Sägespäne fliegen umher und ab und zu durchschneidet ein lautes Pfeifen die Luft. Denn auch Vögel wohnen hier im Kleintierhaus. Papagei Zdravko ist der größte von ihnen. Er ist sehr neugierig und kann sogar sprechen. Auch zwei Schildkröten, eine Kornnatter, zwei Leopardengeckos und einige Chinchillas sind hier zuhause. Und eine Zauneidechse. Die wurde im Supermarkt im Brokkoli gefunden und hatte wohl eine lange Reise hinter sich.  

„Am häufigsten werden Kaninchen bei uns abgegeben und vermittelt“, berichtet Simon Bruland. Und davon gibt es übrigens nicht nur im Kleintierhaus einige. Auch die auf dem mehr als ein Hektar großen Areal verteilten Außengehege werden von den Langohren bewohnt. Zusätzlich flattern, watscheln und picken noch Hühner, Gänse und Enten auf dem Gelände. Eine etwas abseits gelegene Voliere ist für Wildvögel reserviert, die verletzt aufgefunden wurden und wieder ausgewildert werden sollen. „Das ist immer mein persönliches Highlight“, verrät Tierpfleger Simon Bruland.  

Dominic Köppen © Tierheim Oldenburg

Gemeinschaftsprojekt Tierheim

Insgesamt versorgt das Tierheim Oldenburg rund 2.500 Tiere jährlich. Tendenz steigend. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es 1.640 Tiere. Der Grund für die anwachsende Zahl liegt auf der Hand: Krisen wie Pandemie und Inflation haben Haustierhaltung zu einem noch größeren Luxus als zuvor gemacht, viele Tierbesitzer:innen sind in Schwierigkeiten geraten.  

Doch das Tierheim verfolgt eine Mission und macht immer weiter. Seit über 50 Jahren setzt man sich am Küstenkanal in Oldenburg für seine Schützlinge ein. Von 1971 bis 2005 befand das Tierheim sich noch unter städtischer Führung. Danach übernahm der Tierschutzverein Oldenburg e.V. Ein Erfolgsrezept? „Gibt es nicht“, macht Sarah Kleinke deutlich. „Aber ohne unsere Community wären wir nichts. Unser Chef Dominic Köppen sagt immer: Crew Love is true Love.“  

Und das stimmt. Denn die Menschen, denen das Tierheim etwas bedeutet, halten es am Leben. Und das sind neben den Mitarbeitenden einige. „Die Gemeinschaft ist wirklich extrem stark“, betont Kleinke. „Wenn wir Hilfe benötigen – finanziell oder aktiv – genügt ein Aufruf über die Webseite oder über Instagram, und ganz Oldenburg steht hinter uns.“ Es ist eben nicht nur das Tierheim für Oldenburg, sondern es gilt auch: Oldenburg für sein Tierheim.