Baumschulenweg 28, 26127

    

Axel Müller koordiniert als Fachdienstleiter Projekt Fliegerhorst die Bauaktivitäten auf dem früheren Militärgelände. Foto: Foto- und Bilderwerk Foto: Foto- und Bilderwerk

Oldenburgs modernster Stadtteil

05. Juli 2024

Wie das Wohnen, Leben und Arbeiten der Zukunft aussieht, zeigt sich auf dem Fliegerhorst.

Jahrzehntelang militärisch genutzt, entwickelt sich das frühere Fliegerhorst-Areal im Stadtnorden zum zivilen Vorzeigeprojekt. Bei Projektleiter Axel Müller von der Stadt Oldenburg laufen alle Fäden zusammen.

Den Fliegerhorst kennt Axel Müller aus dem Effeff. Er ist in der unmittelbaren Nachbarschaft groß geworden, der Vater war hier stationiert. „Das Freibad, das es damals hier noch gab, kannte ich gut“, erinnert er sich schmunzelnd an die Kinder- und Jugendzeit. Heute ist Müller als Fachdienstleiter bei der Stadt Oldenburg verantwortlich für das Geschehen auf dem einstigen Bundeswehrareal. Die Stelle wurde zum 1. Juli 2018 eingerichtet, da das Projekt mit all seinen Facetten für den bis dahin zuständigen Fachdienst Liegenschaften zu umfangreich geworden war. Für Müller hieß das: zurück zu den Wurzeln. 

Helleheide © Stadt Oldenburg
© Stadt Oldenburg

Bürgerbeteiligung als Basis

Dass in einer deutschen Großstadt ein neuer Stadtteil entsteht, passiert nur noch selten. Die meisten Kommunen gelten baulich längst als ausgelastet. Oldenburg gehört zu den wenigen Ausnahmen. Durch die Schließung des Fliegerhorstes im Stadtnorden wurde hier nach 1993 ein Areal frei, das alle, die mit Stadtplanung zu tun haben, ins Schwärmen geraten ließ. Der Anteil der Konversionsfläche, der auf dem Gebiet der Stadt Oldenburg liegt, umfasst allein schon eine Fläche von rund 192 Hektar. „Das entspricht etwa der Größe von 275 Fußballfeldern“, rechnet Axel Müller vor.

2016 beschloss der Rat der Stadt nach einem umfassenden Bürgerbeteiligungsprozess einstimmig den „Masterplan Fliegerhorst“. Er dient seither als Grundlage für die Bebauung und anderweitige Entwicklung des Geländes. Im Mittelpunkt stehen bis zu 1.000 Wohneinheiten, in denen am Ende rund 2.500 bis 3.000 Menschen ein neues Zuhause finden sollen – sowohl in Einfamilienhäusern als auch in mehrgeschossigen Gebäuden. Das Wohngebiet ist in eine vielfältige Landschaft integriert. Urbane Freiräume und Grünflächen greifen die Strukturen des einstigen Fliegerhorstes auf.

Zukunftsweisendes Energiekonzept

Am schnellsten wurden die Planungen in dem direkt an den Kleinen Bürgerbusch angrenzenden Baugebiet N-777 D am Mittelweg umgesetzt. Hier konnten die meisten Einfamilien- und Doppelhäuser bereits bezogen werden. Die Kita „Heiliger Alexander“ der Kirchengemeinde St. Christophorus am Brookweg hat ihren Betrieb mit drei Kitagruppen schon im Sommer 2021 aufgenommen.

Die größte Aufmerksamkeit zieht allerdings das Gebiet Helleheide im nördlichen Teil des Fliegerhorstes auf sich. Das Wohnquartier für Menschen jeden Alters und jeder Einkommensgruppe bietet viel Raum für Innovationen. Es wurde in einem Forschungsprojekt von über 20 Partnern als zukunftsorientiertes und klimafreundliches „Energetisches Nachbarschaftsquartier“ entwickelt. Bemerkenswert ist besonders das Energieversorgungskonzept. So werden die Wohnungen über ein von dezentralen Luftwärmepumpen gespeistes lokales Nahwärmenetz versorgt. Zusätzlich gibt es eine quartierseigene Stromproduktion durch Photovoltaik-Anlagen auf den Gebäudedächern. 

© Stadt Oldenburg
© Stadt Oldenburg

Platz für Gemeinschaft

Axel Müller verweist darüber hinaus darauf, dass auf dem Fliegerhorst Mobilität neu gedacht werden soll. „Der Stadtteil ist als autoarm ausgelegt“, sagt er. Kraftfahrzeuge werden in Quartiersgaragen Platz finden, ebenso Lastenfahrräder. Die gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr und ein ausgedehntes Netz an Rad- und Fußwegen sollen dazu beitragen, möglichst oft auf ein eigenes Auto zu verzichten. 

Die Planungen beschränken sich indes nicht nur auf die Bereiche Energieversorgung und Mobilität. Auf große Resonanz stößt etwa das Thema Beginenhof. Die Beginenkultur geht zurück auf alleinstehende, berufstätige Frauen im 13. und 14. Jahrhundert, die weder heiraten noch ins Kloster eintreten wollten. Sie konnten die Beginenhöfe jederzeit verlassen, wenn sie ihre Lebenssituation verändern wollten.

An Vorbereitungstreffen für das gemeinschaftliche Frauenwohnprojekt haben sich bereits mehrere Hundert Interessierte beteiligt. Ihnen geht es beispielsweise um gegenseitige Unterstützung im Alltag oder um eine neue Form der Streit- und Willkommenskultur. Unter Federführung der GSG Oldenburg sind vorwiegend kleine, bezahlbare Wohnungen und viel Raum für die Gemeinschaft in einem großzügigen Innenhof vorgesehen.

Chancen für Unternehmen

Wohnen und Leben stellt einen wesentlichen Aspekt des neuen Fliegerhorstes dar. An Bedeutung gewinnen wird daneben die gewerbliche Nutzung. Unternehmen dürften sich für das Areal der sogenannten Hallensichel mit einer Fläche von rund zehn Hektar interessieren. Es lässt eine flexible Bebauung und Nutzung zu. Einst als Flugzeugwerft und von der Feuerwehr verwendete Hallen von je 4.000 Quadratmetern Fläche bieten weitere Möglichkeiten. 

© Stadt Oldenburg
© Stadt Oldenburg

„Die Veränderungen auf diesem Gebiet über all die Jahre zu verfolgen und zu koordinieren, das ist wirklich spannend“, betont Projektleiter Axel Müller. Er weiß: Eine weitere Möglichkeit in vergleichbaren Dimensionen wird es in Zukunft in Oldenburg nicht mehr geben. Dass er als – so sagt er selbst – „Kind des Fliegerhorstes“ mit dieser Aufgabe betraut wurde, sieht er als Ehre und Verpflichtung zugleich an und räumt freimütig ein: „Da stecken auch viele Liter Herzblut drin.“ Bis ins Jahr 2030 wird man ihn noch regelmäßig in seinem improvisierten Büro im Gebäude 54 antreffen. „Dann sollten die wichtigsten Arbeiten erledigt sein.“