Mit Leib und Seele Eisenbahner
30. April 2024Selbstständiger Lokführer schließt Marktlücke – Oldenburg-Erleben-Team besucht NDR-Dreh zur Nordreportage
Bei der Suche nach dem ersten passenden Protagonisten für unsere neue Reihe „Echter Unternehmergeist“ sind wir durch die NDR-Nordreportage „Eine Lokomotive als Lebenstraum“ auf Roland Sandkuhl gestoßen. Den wollten wir haben. Der einzige Weg, an den sympathischen Lokführer heranzukommen war, den NDR-Redakteur der Nordreportage, Henning Orth, um Unterstützung zu bitten. Dieser war gerade damit beschäftigt, eine Fortsetzung über Roland und seine Arbeit zu planen und bereit, uns zu vernetzen. Ergebnis: Ein Treffen mit Roland Sandkuhl während des Drehs! Weil das öffentliche Interesse seit dem ersten Film ohnehin sprunghaft gewachsen ist, lag die Idee nahe, uns Medienvertreterinnen von Oldenburg erleben als Beleg in die neue Reportage einzubauen.
Fernsehfilme, Magazinberichte, YouTube-Channel – mit so viel Medienrummel hätte Roland Sandkuhl am Anfang nie gerechnet. Der gebürtige Oldenburger wollte eigentlich nur in Ruhe seine Arbeit machen und erfolgreich werden mit seiner Geschäftsidee: Lokführer mit eigener Lok. Viel Konkurrenz hat er übrigens nicht, nur vier selbstständige Lokführer mit eigener Lok im ganzen Bundesgebiet kann er seine Kollegen nennen.
Seine Auserwählte ist eine Lokomotive der Baureihe V169 219001, Baujahr 1965. 80 Tonnen schwer strahlt sie in einem freundlichen Rot und wartet auf einem privaten Gleis in Oldenburg auf ihren Einsatz. Ihren Werdegang hatte der passionierte Eisenbahner jahrzehntelang verfolgt. Nachdem er seine Traumlokomotive vor zwei Jahren endlich erwerben konnte, hat er sie mit viel Eigenleistung restauriert und instandgesetzt. Seit einem Jahr fährt Roland Sandkuhl nun mit seiner offiziell zugelassenen Lok Güterzüge durch ganz Deutschland.
Eisenbahnverkehrsunternehmen fragen ihn für Transporte von Güterzügen und Baufahrzeugen an, bestellen dafür einen einzelnen Fahrplan bei der Deutschen Bahn, damit Roland Sandkuhl diese Zusatzfahrten ausführen kann. In den vergangenen Monaten ist er alles gefahren, was ging.
Mit Deiner Geschäftsidee hast Du eine Marktlücke gefunden. Wie bist Du darauf gekommen?
Roland Sandkuhl: Über diesen Bereich weiß ich einfach Bescheid, weil ich seit dreißig Jahren Lokführer bin. Außerdem war ich auch noch 13 Jahre in einer Gleisbaufirma angestellt. Ich habe halt überall den Mangel gesehen. Ob es um Waggons geht oder Personal, es fehlt an allem.
Wie lief das mit der Finanzierung ab? Wie konntest Du die Bank überzeugen?
Roland Sandkuhl: Ich bin ohne eigenes Kapital zur Bank gegangen, mit dem Ziel, den Kauf einer Lok über einen hohen sechsstelligen Betrag finanzieren zu lassen. Das erste Geldhaus war zu langsam. Das zweite fand schnell einen Weg, die Finanzierung – auch mit einem Teil über den KfW-Kredit – zu realisieren. Trotz Verzögerung bei der Aufarbeitung und zehn Prozent Mehrkosten, blieb die Bank geduldig. Sie hat sogar noch so viel nachgeschossen, dass ich die Kaufsumme zusammenbekam. Alles ohne Probleme. Offenbar waren mein sehr guter Businessplan und die sehr guten Zahlen überzeugend.
Welche Güter transportierst Du genau?
Roland Sandkuhl: Ich habe lange Zeit von Wilhelmshaven Kerosin (Flugzeugbenzin) geholt, dann habe ich mich – wie vorgesehen – ins Baugewerbe verlagert. So fahre ich mal Einzelwagen durch die Gegend oder auch Turmtriebwagen der Eisenbahn, das sind Fahrzeuge, die elektrische Oberleitungen instand halten.
Fahren ist der eine Teil Deiner Arbeit. Wie steht‘s mit dem Verwaltungsaufwand?
Roland Sandkuhl: Aktuell teilt sich meine Zeit auf in ein Viertel Fahren, ein Viertel Wartung und Pflege, 50 Prozent verschlingt die Büroarbeit. Ich habe mit dem Eisenbahnbundesamt und der Europäischen Eisenbahnagentur zu tun. Von dort kommen immer neue Auflagen. So muss ich zum Beispiel jetzt für die gesamte Lok einen Katalog über sämtliche Ersatzteile erstellen. Zum Glück weiß ich, was drinsteckt, was ich verbaut habe. Und noch obendrauf kommt die normale Büroarbeit eines Unternehmers.
Du hast Dich mit Mitte 50 selbstständig gemacht, mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Hast Du Deine Entscheidung jemals bereut?
Roland Sandkuhl: Meine Entscheidung habe ich überhaupt nicht bereut. Ich war schon klaren Geistes, als ich mich für diesen Schritt entschieden habe. Ich bin ja auch schon über dreißig Jahre bei der Eisenbahn, kenne Geschäftsführer, Geschäftszahlen – ich wusste genau, worauf ich mich einlasse.
Was für eine Zwischenbilanz ziehst Du?
Roland Sandkuhl: Nach einem Jahr kann ich sagen, dass alles so eingetroffen ist, wie ich mir das gedacht hatte. Sicher war der Anfang holprig, weil ich im Winter angefangen habe. Aber seit dem Frühjahr bin ich im Baugewerbe tätig. Dort verdient die Lok ihr Geld. Ich konnte schon einen kräftigen Teil meines Kredits zurückbezahlen.
Du bist nach mehreren Stationen nach Oldenburg zurückgekehrt. Was schätzt du an der Stadt?
Roland Sandkuhl: Nach Stationen in Rotenburg (Wümme), Stuttgart und Hamburg bin ich 2004 nach Sandkrug gezogen. Dort zu wohnen, empfand ich damals als eher langweilig. Mittlerweile wohne ich in Oldenburg und finde es hier fantastisch. Die Stadt hat eine gute Szene, Kneipen, viele Konzerte, ein breites Programm in der Fläche. Wir haben hier Wasser, kommen schnell ins Umland und können auch in der Stadt viel machen. Außerdem sind die Leute freundlich, das ist auch meiner Freundin aufgefallen, die in Bremen zu Hause ist. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in Oldenburg leben.
Infos:
Beide Nordreportagen in der ARD-Mediathek:
„Eine Lokomotive als Lebenstraum“ (21.3.2023) (Video verfügbar bis 21.03.2025)
„Neue Einsätze für Roland und seine Lok“ (25.10.2023) (Video verfügbar bis 25.04.2025)
Oder über den NDR YouTube Kanal:
„Lebenstraum eigene Lokomotive“
„Neue Einsätze für Roland und seine Lok“