Bunt statt grau
20. März 2024Die Spraykunst verschönert in Oldenburg immer häufiger triste Betonwände.
Mit dem Memur-Festival ließen zwei Oldenburger im Bahnhofsviertel eine einzigartige Open-air-Galerie entstehen. Auch darüber hinaus stößt Streetart in der Stadt auf immer mehr Akzeptanz.
Renke Harms und Graffiti – diese innige Beziehung begann schon in frühesten Kindertagen. Im alten VfB-Stadion in Donnerschwee besprühte er marode Mauern, hinterließ auch an anderen Wänden in der Stadt seine Spuren. Irgendwann wurde er erwischt und zu Sozialstunden wegen seines illegalen Tuns verdonnert. Die Maßnahme zeigte Wirkung: Harms entschied sich, in Zukunft aufs legale Sprayen zu setzen. Längst hat er die Sache zum Beruf gemacht. Als ausgebildeter Mediengestalter verschönert er heute triste Hauswände und Betonflächen mit seiner Kunst – auch im Auftrag von Unternehmen und des Präventionsrats der Stadt Oldenburg.
Neue Note im Stadtbild
Sein Meisterstück lieferte Harms mit seinem Kompagnon Sebastian von Zeberg im Sommer 2022: Gemeinsam stellten sie nach jahrelangen Vorbereitungen das Memur-Festival auf die Beine. 20 Künstler:innen waren dafür aus Ländern wie Brasilien, Spanien oder Schweden angereist. Am Bundesbahnweg entwickelten sie aus einer rund 250 Meter langen Betonwand eine einzigartige Open-air-Galerie. „Die Idee dafür hatte die Streetart-Künstlerin Julia Krieg schon 2011 in ihrer Bachelorarbeit vorskizziert“, sagt Renke Harms. Langwierige Genehmigungsverfahren und später die Pandemie verhinderten eine schnellere Realisierung.
So wie der zuvor eher unscheinbare Verbindungsweg von Bahnhofsviertel und Pferdemarkt eine deutliche Aufwertung erfahren hat, so konnte Streetart dem Oldenburger Stadtbild in den vergangenen Jahren auch an anderen Stellen eine neue Note hinzufügen. „Die Akzeptanz dieser Kunstform hat spürbar zugenommen“, bestätigt Renke Harms. Sichtbar wird das etwa an den Autobahnbrücken. So wurden am Marschweg tragende Säulen mit Sportmotiven verziert. In Wechloy konnte von drei Künstlerinnen ein 40 Meter breites Wandbild realisiert werden, das bedeutende Frauen aus der Geschichte der Stadt zeigt. Verhandlungen mit der zuständigen Autobahn AG über weitere Flächen laufen bereits.
Kunstform unserer Zeit
„Streetart ist im Mainstream angekommen“, weiß Renke Harms. Jede Zeit habe ihre speziellen Kunstformen, und Graffiti sei eben die vielleicht bedeutendste unserer Tage. Tatsächlich hat gerade das große Interesse am Memur-Festival gezeigt, dass sich viele Menschen dafür begeistern können. Kein Wunder, dass der Besuch der Freiluftgalerie am Bundesbahnweg inzwischen sogar ins Programm der Stadtführungen aufgenommen wurde. Eine Wiederholung der Kunstaktion ist deshalb nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern – so Initiator Harms – „wahrscheinlich“. Wer den 32-Jährigen kennt, ahnt, dass er bereits daran arbeitet.
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